Herbst in Peking

Bericht über eine Rockgruppe aus der DDR - in der Wendezeit 1990.

Aus dem Inhalt:

Wochende in Ost Berlin.

Zum Auftakt empfiehlt sich die Seelenbinder Halle. Bei strengstem Alkoholverbot. – abgeichert durch ausgesprochen hautenge Kontrollen.
Heute im Programm gleich 6 Rockgruppen, 3 aus Ost, 3 aus West. Aber so ganz stimmt die Rechnung nicht mehr, denn die die grade auf der Bühne stehen, sind Ost-West Zwitter, und wenn die Mauer keine Löchwer gekriegt hätte, dann gäbe es sie heute gar nicht mehr !
So aber bereichern sie den kleinen Grenzverkehr mit ihrer russischen Luxuslimousine aus den 50ern und geniessen die Zeremonie der Grenzüberschreitung.

Sie sind in der DDR das gewesen, was staatstragende Bürger gerne als „Nestbeschmutzer“ bezeichnen.
Ihr Name: „Herbst in Peking“ ist einem Romantitel entliehen – ganz unpolitisch also – ursprünglich.

Bis in Peking die.Panzer rollten.

Bei einem Konzert in Brandenburg legten sie eine Schweigeminute für die Opfer ein – der Stasi meldete prompt nach oben weiter und weil sie auch sonst schon ein paar mal auffällig geworden waren, lief alles seinen gewohnten sozialistischen Gang.

INT
Weißt Du, daß kein Mensch in diesem Land irgendwas dazu sagt, öffentlich, daß da Leute massakriert wurden, weißt du, so, das fand ich ja immer bedeutend auch, daß zu offensichtlichen Schweinereien nie einer was gesagt hat auf der Bühne, auch von de gesmaten Rock Gang hier, außer eben von ein paar Bands, die hier im Kiez aufch irgendwie rumhängen.

--- Musik: We need a revolution...

INT
Na, die Lizenz war weg und wir konnten natürlich nicht mehr so dieses Ostgeld verdienen mit den Gigs ... und der Typ ist jetzt Oberbürgermeister ... hier von Berlin, wo wir gerade jetzt sitzen...

Keine Lizenz, kein Geld, keine Zukunft – und Ungarn machte grade die Grenze auf. Als erster ging der Guitarrist. 2 Monate später auch Rexy, der Sänger. Herbst in Peking war nicht mehr.

INT

... Irgendwie war das auch ein beschissener Abschied ... und es regnete ...

... Ne, war kein Gefühl da, da war nichts. Da war echt nichts ...

Weeßte, da war ich mir nicht mehr so sicher...

Ein Bericht von Michael Plümpe, 1990, Archiv ergo-film